Wie bio ist der Biokompostbeutel?

Wer mit offenen Augen durch den Schulgarten läuft, hat die rätselhafte Versuchsanordnung – Müll unter Plexiglasscheibe – sicher schon gesehen und sich gefragt: Wer lässt denn hier seinen Abfall herumliegen? Die Bioabfälle liegen dort aber nicht einfach rum, sondern sie dienen einem wissenschaftlichen Zweck, klärt uns jetzt die NaWi-AG der 5. Jahrgangsstufe auf. Sie erforscht zurzeit, welcher Biomüll wie schnell verrottet und welche Tüten den Prozess mitmachen – oder auch nicht. Den Orden als fleißigster Assistent im Versuchslabor bekommt übrigens… nein, kein Schüler, sondern der Regenwurm!

Wer nämlich vor der Plexiglasscheibe in die Hocke geht und noch genauer hinschaut, sieht, dass Regenwürmer fleißig Blätter in ihre Gänge ziehen und dort vermutlich gemütlich als Pausenbrot verspeisen. Je angegammelter, desto besser!
In die Tüten haben die AG-Schülerinnen und -Schüler also Obst, Gemüse, ein Centstück, einen Eisennagel, Plastikfolie, Radiergummi, Tintenpatrone, Holz, Laub, Taschentücher und Papier gesteckt – was ein Schulranzen eben so hergibt. Erster Protokoll-Eintrag: Obst, Gemüse, Laub waren schon nach ein oder zwei Wochen verschwunden. Alles andere brauchte deutlich länger. Das Plastik verlor lediglich die Farbe – und blieb vollständig erhalten. Auch die Kompostbeutel blieben lange sichtbar, verrotteten nicht.
Da echte Naturwissenschaftler wissen wollen, welche Auswirkungen mikroskopisch kleine Vorgänge z.B. für eine ganze Stadt haben, sagten sie sich “think big!” und fuhren sie jüngst mit ihrer Lehrerin Jutta Menig-Scholz zur Biokompost-Anlage in der Frankfurter Osthafen. Neben den gigantischen Grünmüllbergen fühlen sich die Fünftklässler dort auf einmal selbst so klein wie ein Regenwurm. Erster Eindruck: Die rund 800 000 Frankfurter schieben eine unvorstellbare Mengen Biomülls in ihre braunen Abfalltonnen.
Die Besucher wandern vom Abladeplatz für Grünschnitt – also Gartenabfällen wie Rasenschnitt, Zweigen, Laub – zur Waage für die Müllwagen. Hier erfahren die Nachwuchs-Naturwissenschaftler, dass sie echte Schwergewichte sind: Die Waage zeigt 500 Kilogramm. In der Halle hält sich der eine oder andere dann doch die Nase zu. “Hier riechts etwas streng”, bemerken sie höflich – und beobachten, dass der Bioabfall auf zwei getrennten Wegen behandelt wird: Der nasse Bioabfall wandert in die Schredderanlage für die Biogasgewinnung. Der Grünschnitt dagegen wird zerkleinert und zur Abtrennung der Plastikanteile mit Luft durchgeblasen. “Da liegt ja eine ganze Mülltonne!”, ruft plötzlich einer der Schüler. “Stimmt”, erklärt Herr Winkler von der FES, der Frankfurter Entsorgungs- und Service-GmbH. “Manchmal fällt eine Tonne beim Leeren in den Müllwagen und man bekommt sie nicht mehr heraus. Dann landet sie hier!” Die folgende Station wirft dann eine Menge naturwissenschaftlicher Fragen auf: Denn hier wird aus Apfelhäuschen und Kartoffelschalen Strom und Gas. In der Biogasanlage vergärt in Gärbehältern innerhalb von drei Wochen der Abfall zu Biogas (Methan) und wird in Blockheizkraftwerken zu Strom und Wärme umgewandelt. Das klappt so gut, dass sich die Anlage damit selbst vollständig mit Strom und Wärme versorgt und Überschüsse sogar ins Netz einspeist. Ein weiterer Kreislauf ist schließlich im Rottetunnel zu beobachten. Das sind große Hallen, in denen Grünschnitt und Gärreste bis zu drei Wochen lagern und bei gut 60 Grad Celsius zu Humus umgesetzt werden. So wird sichtbar, womit die FES bei den Frankfurtern für das Sammeln von Grünmüll wirbt: “Wir nehmen der Erde so viel weg, so können wir ihr etwas wieder zurückgeben.”
Und die Kompostbeutel…? “Indem wir den Abfall durchblasen, werden Plastikteile und Kompostbeutel entfernt”, erklärt Herr Winkler. “Sie sind für uns kein Problem. Wir haben auch eigene Versuche mit den Biobeuteln gemacht und festgestellt, dass sie nur bei höheren Temperaturen und längerer Verweildauer wirklich verrotten.” Zuhause auf dem Kompost also besteht keine Chance, die Beutel wirklich abzubauen. Fazit: Keine Biokompostbeutel auf den Komposthaufen im Garten.
Häufig fragen Kunden auch, ob sich Schadstoffe wie Pestizide nicht im Kompost anreichern. “Wir kontrollieren das und achten darauf, dass keine Grenzwert überschritten werden”, beruhigt Herr Winkler. Denn die Biokompostanlage verkauft das wertvolle Abfallprodukt Kompost am Ende wieder an Privatkunden.