500 Gärtner auf dem Römerberg – und die Leibnizschule mittendrin

Eine Reise durch Frankfurts Schulgärten würde sich lohnen: Wachsen hier Brombeeren für schuleigene Marmelade, sprießen dort Grashalme aus Nylonstrümpfen und bilden lustige Figuren. Auf manchem Schulgelände wachsen Kartoffeln, wieder andere keltern Apfelsaft. Und durch den Garten der Ernst-Reuter-Schule spazieren sogar Hühner. Wo man so etwas sieht? Beim Aktionstag auf dem Frankfurter Römerberg mit dem etwas rätselhaften Titel “Blaue Tafel”. 

Zu diesem Treffen sind 500 Schülerinnen und Schüler aus 50 Frankfurter Schulen Anfang September gekommen. Eingeladen hatten das Umwelt- und Sozialamt der Stadt, die Vereine Umweltlernen und Klimagourmet sowie das Stadtschulamt. “Unsere Schüler waren begeistert dabei”, erzählt Iris Gniosdorsch, die Leiterin der Garten AG. “Sie haben nicht nur an unserem Stand stolz den einzigen Schulgarten mit philosophischem Hintergrund präsentiert, sondern sind auch von Stand zu Stand gewandert, um die Fragen des Quiz-Wettbewerbs zu beantworten.”
Zwischenzeitlich zerkleinerten die Schüler Gemüse und Obst für ein gemeinsames Essen, das sie aus dem eigenen Garten mitgebracht hatten. Anschließend bereitete der Aktionskoch Wam Kat vor Ort die Zutaten in seiner mobilen Küche zu und 500 Nachwuchsgärtner verspeisten das Gericht an der großen Blauen Tafel – selbstverständlich in mitgebrachtem Mehrweg-Geschirr. “Uns geht es darum, dass die Kinder und Jugendlichen den Garten selbst anlegen und pflegen”, betonten die beiden Dezernentinnen Sylvia Weber (Integration und Bildung) und Rosemarie Heilig (Umwelt) in ihren Begrüßungsreden. Wer selbst pflanze, gieße und ernte, würde Zusammenhänge begreifen. Die Stadt wolle das unterstützen. Ähnliche Motive haben der Verein Umweltlernen und der Verein Klimagourmet: Die junge Generation soll lernen, wo das Essen herkommt und dass es besser ist, sich mit regionalen Produkten zu ernähren statt mit Fast Food.
Dass das Ganze außerdem einfach Spaß macht, spiegelten die begeisterten Gesichter der Schüler aus Grundschulen und weiterführenden Schulen. “Wir stellen fest, dass es immer mehr Gärten an Frankfurter Schulen gibt”, berichtet ein Vertreter des Vereins Umweltlernen. “Und sie sind nicht mehr nur ein Jahresprojekt, sondern werden immer langfristiger gepflegt”, lobt er. Dennoch hätten viele Schule mit Vandalismus zu kämpfen. “Häufig sind unbewachte Gärten schon nach ein bis zwei Monaten wieder zerstört.” Umso lobenswerter findet er es, dass der Garten der Leibnizschule seit drei Jahren ohne jede Bewachung völlig intakt dasteht. Selbst die Holzspäne, die die Spiel- und Aufenthaltsflächen verschönern, sind auch nach einigen Monaten noch dort, wo sie hingehören: “Ein großes Lob an die Leibnizschüler!”
Das Geheimnis dieses guten Umgangs? Neben der Tatsache, “dass Leibnizschüler einfach nette Schüler” sind, zeigt Iris Gniosdorsch jedem Kurs, den sie in Ethik oder Religion unterrichtet, den Garten mit den Worten: “Das ist euer Garten, nicht meiner.” Und die Schüler suchen sich einen “Herzstein”, schreiben ihren Namen und ihr Geburtsdatum darauf und legen ihn in den Garten. So werden sie selbst ein Teil der wachsenden Oase. Und wer zerstört schon seinen eigenen Lebensraum?
Dieses Erkennen und die Kraft von Wirkbeziehungen finden sich denn auch wieder in der Philosophie des Namenspatrons Leibniz. Er legte als Naturwissenschaftler Wert auf das Zusammenwirken aller Kräfte – neben Wasser ist eben auch Licht nötig, damit Pflanzen wachsen. Dafür steht symbolisch der solarbetriebene Brunnen inmitten der “Leibnizsonne”, So heißt das Beet, das in Form von Sonnenstrahlen angelegt ist und außerdem die zwölf Monate des Jahres abbildet. Die Gärnter jedenfalls, die diesen Garten pflegen, erleben, riechen und schmecken diese lebensnahe Philosphie täglich. Und gaben dieses Erlebnis weiter, indem sie Äpfel und duftende Minze an die anderen Stände verschenkten.

Wer jetzt keinen Platz mehr in der Garten AG bekommen hat, ist im Winterhalbjahr bzw. zum Frühjahr hin herzlich willkommen. Dann stehen laut Frau Gniosdorsch wichtige neue Arbeiten an, die kräfitge Arme brauchen.