Der Schultag in Tamale beginnt um sechs Uhr morgens, wenn das Thermometer noch angenehme 22 Grad Celsius anzeigt – statt der schwülwarmen 32 Grad am Tag. Die Schüler der Presbyterian Senior High School im ghanaischen Tamale putzen als erstes die Schulräume. Dann nimmt jeder seinen Stuhl und die Klassen gehen singend und lachend in Gruppen auf den Hof, um dort den Unterricht zu beginnen. Schwer vorstellbar im kühlen Nordeuropa!
“Das Lernen läuft dort mit großer Disziplin und viel Respekt vor dem Lehrer ab, im Unterricht ist es mucksmäuschenstill mit 50 Schülern pro Klasse – und gleichzeitig lachen Schüler wie Lehrkräfte viel”, berichtet Matthias Trautsch. Er ist im vergangenen Oktober mit Dietmar Will, Pfarrer für Ökumene in Frankfurt, nach Afrika gereist. Denn jedes Jahr sucht die F.A.Z. ein Projekt im Ausland und eines in Deutschland, das sie mit einer Leser-Spendenaktion unterstützt. “Ich war sehr beeindruckt von den Menschen dort”, erzählt Trautsch, der zum ersten Mal in seinem Leben südlich der Sahara unterwegs war. “Sie sind so herzlich, entspannt und offen.” Während er die Schule selbst als “sehr karg eingerichtet” beschreibt, nennt der Journalist die Unterkünfte der Schülerinnen und Schüler “unvorstellbar einfach”.
Er hat sie besucht, die schlichten Hütten, die sich oft weit weg von der Schule befinden. Schaumstoffmatten liegen auf dem Lehmboden, am Kopfende ein Stapel Bücher, Romanheftchen, eine Bibel. Am Haken hängt die Schuluniform. Beim Blick in eine leere Wellblechhütte ohne Licht und nur einem Loch im Boden kommt er langsam darauf, dass das der Waschraum ist. Man geht mit einem Eimer Wasser hinein und wäscht sich. “Die Nächte sind oft kühl, es gibt keine Heizung und kein Fenster lässt sich schließen, alles ist feucht”, erinnert sich Trautsch. Ein krankes Mädchen lag teilnahmslos fiebernd auf seiner Matratze. “Es sollte ein Erwachsener nach ihr sehen”, dachte sich Trautsch. Das wäre in einem Wohnheim auf dem Schulgelände endlich gegeben.
Die Jungen kämen mit diesen Verhältnissen noch besser zurecht. Aber Eltern hätten doch Bedenken, ihre Mädchen bei so genannten “Landlords” auf dem Hof wohnen zu lassen. Dort müssten sie neben der Schule und dem weiten Weg oft noch arbeiten. Doch auf die Presbyterian Senior High School schicken Eltern im armen Norden Ghanas ihre Kinder gerne. “Der Unterricht findet verlässlich statt, Umgangssprache ist Englisch, die Lehrkräfte sind Ghanaer, die Jugendlichen erreichen dort nicht nur das Abitur sondern erlernen dort auch Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit, Ordnung, Leistungsbereitschaft”, so Trautsch. Einige Schüler hätten ihm erzählt, dass sie in den USA studieren und dann wieder zurückkommen wollten, um ihrem Land zu helfen. Wirkt diese westliche Lebensart nicht übergestülpt? “Nein”, widerspricht Trautsch. “Sie wissen, dass diese Tugenden ihnen helfen und einen Ausweg bieten aus der sonstigen Perspektivlosigkeit.”