Ihre Fotos und ihre Namen sind ein selbstverständlicher Teil der Schulgemeinde geworden: Sechs jüdische Jungen mussten in den 1930er Jahren die Leibnizschule aufgrund der Rasseideologie der Nationalsozialisten und ihrer Unterstützer verlassen. Ihr Schicksal haben Schülerinnen und Schüler 2018 anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der Leibnizschule recherchiert und dokumentiert. Die Ergebnisse hängen seitdem im Foyer der Schule - und geben den Vertriebenen so wieder ihren Platz in der Schülerschaft. Darüber hinaus ist es Tradition, dass Musikerinnen und Musiker der Leibnizschule jedes Jahr am 9. November an die Zerstörung der Höchster Synagoge am Ettinghausenplatz durch Nazis erinnern. Zwölf Bläser, Streicher und Sänger hatten sich auch in diesem Jahr gemeldet, um die Erinnerung an die Verbrechen der
Nazis bei der Gedenkveranstaltung des Höchster Geschichtsvereins wachzuhalten: "Als die Synagoge brannte, löschte die Feuerwehr nicht etwa den Brand", erzählte Isolde Krauß-Lindberg von der Höchster Arbeitsgemeinschaft Geschichte und Erinnerung, "sondern sie sicherte nur die umstehenden Häuser." Andere Rednerinnen, wie Anita Balidemaj vom Hessischen Flüchtlingsrat, übten deutliche Kritik an aktuellen antidemokratischen Tendenzen oder zu zögerlichem Vorgehen der Polizei gegen rechtsradikale Netzwerke in den eigenen Reihen. Schmerz und Hoffnung, Trauer und Liebe zum Leben drückten daneben die Leibniz-Musikerinnen und -Musiker unter der Leitung von Jessica Walter aus - mit Auszügen aus Tschaikowskis 5. Sinfonie "Pathétique", Vivaldis Arie des Tamese oder Schostakowitschs Jazzwalzer Nr.2. Sie fanden trotz der Kälte, die an diesem Tag auch immer symbolisch herrscht, den richtigen Ton: Der Ton des Respekts vor unsäglichem, willkürlich verursachtem Leid, den Ton des liebevollen Gedenkens an die Opfer. (Annegret Schirrmacher)