Mit großer Anteilnahme hat die Schulgemeinde der Leibnizschule auf den Tod Otto Schiffs reagiert. Der ehemalige Höchster musste in den 1930er Jahren in der 7. Klasse die Leibnizschule verlassen und auf das jüdische Philanthropin wechseln. Die Rassenideologie der Nationalsozialisten und ihrer Unterstützer hatten ihn dazu gezwungen. Im letzten Moment gelang es der Familie Schiff, die einst das Kaufhaus Schiff auf der Königsteiner Straße geführt hatte, im Jahr 1938 in die USA zu flüchten. Dort lebte Otto Schiff seitdem und verstarb jetzt im Alter von 101 Jahren. Immer wieder folgte er gerne Einladungen nach Höchst.
Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulleitung haben ihn und seine Familie präsent in Erinnerung. 2018 reiste der damals 97-Jährige anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der Leibnizschule aus den USA nach Höchst. Otto Schiff eröffnete die Ausstellung "Nachspüren". Dafür hatten Schülerinnen und Schüler unter der Leitung der Kunstlehrerin Dr. Andrea Mihm und mit Unterstützung der "Höchster AG Geschichte und Erinnerung" die Schicksale von sechs vertriebenen jüdischen Schülern recherchiert. Die Ergebnisse stellten sie im Beisein von Otto
Schiff vor. Gedenktafeln für alle sechs Schüler hängen seitdem im Foyer der Leibnizschule. Dank Otto Schiffs Besuch konnten die Jugendlichen, die heute das Gymnasium besuchen, lebendig erfahren, welche Kraft im Willen zur Versöhnung liegt. Dieser Wille stand in seiner Person vor ihnen. Er interessierte sich für sie und hat mit ihnen gesprochen. Mit seinem ganzen Wesen hat Otto Schiff ausgestrahlt, dass Mitmenschlichkeit, Aufeinanderzugehen und Respekt vor jedem Menschen gleich welcher Herkunft oder welchen Glaubens hohe Güter sind, die gepflegt werden wollen. Umso wichtiger ist diese Botschaft in einer Zeit wie unserer, in der Hass, Verleumdung und Polarisierung zum allgemeinen Umgang zu werden drohen.
In unseren Herzen und in unserem Gedächtnis lebt Otto Schiff weiter. Wir werden seine Geschichte und die seiner Mitschüler immer wieder erzählen.