Eine Arche baut man nicht an einem Tag. Projekte, die tragen, brauchen ihre Zeit. So ist auch die „Arche Noah“ – ein inklusives Tanzprojekt für Menschen mit und ohne Behinderung – neun Monate lang Stück für Stück gewachsen. Ende Mai war es endlich so weit. Mehr als 200 Musiker, Tänzer und Sprecher tanzten, flatterten und stürmten über die Bühne des hr-Sendesaals. Mitten dabei: Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Musikzweigs der Leibnizschule mit erstaunlichen Talenten.
So ließen die Mädchen der Leibnizschule die Cancan-Röcke hochfliegen oder reichten schwungvoll „Bausteine” für die Arche von einem Helfer zum anderen. Derweil sorgten die Jungen für prägende Rhythmen, sei es durch dynamische Säge-Schwünge mit langen Stäben oder durch Dschungelgeräusche. Getanzt haben sie alle: Schülerinnen und Schüler aus der Frankfurter Weissfrauenschule, der Georg-Büchner-Gesamtschule oder des Leibniz-Gymnasiums mit Erwachsenen der EVIM Behindertenhilfe. Zum Schluss war auch das Publikum samt Kultusminister Professor Ralph Alexander Lorz eingeladen mitzutanzen: Alle zeichneten mit Gebärdensprache den Text der Hymne “Gemeinsam könn’ wir die Welt bewegen” in die Luft.
Doch schon weit vor der Aufführung war das Ziel der Organisatoren wie der Lorenz-Stiftung erreicht: Denn während der zahlreichen Proben oder in den Wartezeiten sind sich die Teilnehmer mit und ohne Behinderung nähergekommen. Sie erlebten, dass, was für den einen leicht war, sich für andere schwierig darstellte – und umgekehrt. „Das ist toll, so haben wir Schüler von anderen Schulen kennengelernt, die wir sonst nie getroffen hätten“, berichtete Leibnizschülerin Merle Schiemenz begeistert.
Den Rahmen dafür bot die Erzählung um die Sintflut und den Bau der Arche Noah aus dem Alten Testament der Bibel. Darin schickt Gott eine Sintflut, die alles Leben vernichtet und nur Noahs Familie mit einer begrenzten Anzahl von Tieren auf einer Arche rettet, um noch einmal neu anzufangen. Juri Tetzlaff erinnerte als Moderator während des Abends immer wieder daran, wie bedroht diese paradiesisch schöne Erde ist und dass der Mensch dabei ist, sie nun selbst zu zerstören. Während die phantasievoll gestalteten Tiergestalten, einfühlsam begleitet vom hr-Sinfonieorchester, die Schönheit der Natur tänzerisch zum Ausdruck brachten, verkörperte die dunkle Seite die Streetdance-Gruppe der Tanzschule “Dance in FFM “. Sie störten und zerstörten gewaltig, aber auch beeindruckend akrobatisch, die fragile Idylle. Dann wieder umzingelten Löwen im Rollstuhl und mit leuchtend gelbroten Masken den Moderator. Flamenco-Vögel flatterten über die Bühne, die ihre langen Röcke wie Flügel schwangen. Giraffen schritten majestätisch in Richtung Arche, während eine Gruppe von Hühnern und Hähnen sich einen temperamentvoll getanzten Kampf lieferten.
Im Grunde sagten die Musik und die Choreographien aus der Feder von Miguel-Angel Zermeño für Tänzer auf zwei Beinen oder vier Rädern, dass die Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung nicht nur möglich ist, sondern eine besondere Poesie entfaltet.
Dass dieses lang angelegte Projekt die Inklusion selbstverständlich werden lässt, daran arbeitet nicht nur die Lorenz-Stiftung. Sondern auch die Leibnizschule, in der immer mehr Kinder mit Behinderungen mit den anderen mitlernen, wie die Schulleiterin Sabine Pressler am Rand der Veranstaltung berichtete. Ihr besonderer Dank galt neben den Organisatoren auch den Musiklehrerinnen Jessica Walter und Anke Sieper, die die Leibniz-Schüler neun Monate lang begleitet haben.
Bewegte Bilder von der Aufführung finden sich im Internet