Das Gebäude hat sich kaum verändert, doch aus den Abiturienten des Prüfungsjahrgangs 1967 der Leibnizschule sind gestandene Juristen, Ärzte, Berater geworden. Viele von ihnen sind Frankfurt treu geblieben – und ihrem Gymnasium, das sie jetzt, 50 Jahre später, besucht haben.
Es war eine andere Welt. Aus der Grundschule gingen im Durchschnitt drei Schüler pro Klasse aufs Gymnasium. Der Anteil von Kinder mit Migrationshintergrund lag bei Null. „Stimmt nicht!“, fällt ein Herr mit grauem Haar dem Redner ins Wort. „Ich kam aus Leipzig!“ Gelächter aus mehr als dreißig Männerkehlen: “Abitreffen 1967”. wer hier, im hellen Konferenzraum der Leibnizschule, sitzt, hat das Abitur vor 50 Jahren geschafft. 69 waren angetreten, alle kamen durch. Das meldete sogar noch das Höchster Kreisblatt und nannte alle namentlich samt Berufswunsch.
Es sind Stunden der Erinnerung: „Wir fingen im Schulgebäude der heutigen Robert-Koch-Schule an“, berichtet Roland Waldschmidt in seiner Begrüßungsrede. „Ein schöner, alter Backsteinbau.“ Die Probewoche Unterricht, die alle Anwärter aufs Leibnizgymnasium absolvieren mussten, scheint allen lebhaft in Erinnerung zu sein. Die Viertklässler mussten zeigen, was sie in Rechtschreibung und den Grundrechenarten draufhatten – und ob sie einen Blumenstrauß malen konnten.
Wer es geschafft hatte, ging in eine von vier fünften Klassen des reinen Jungengymnasiums. „Es war neu, dass man mit Französisch beginnen konnte oder mit Englisch“, berichtet Waldschmidt. Später gab es die Wahl zwischen dem naturwissenschaftlichen und dem sprachlichen Schwerpunkt. „Und in der 11. Klasse kam das erste Mädchen auf den Schulhof.“ – „Frau Ackermann!“, ruft einer der Herren. „Sie stand nie allein auf dem Schulhof.“ Grinsen. Auch wenn hier Rechtsanwälte, Ärzte, Verleger und Ingenieure sitzen, teils mit weiblicher Begleitung, ergraute, gestandene Persönlichkeiten – hier scheinen sie doch wieder in die alten Schülerrollen zurückzufallen. Wie anders die Welt von heute ist, wird ihnen bei der Begrüßung durch Schulleiterin Sabine Pressler klar: „Bei uns gibt es keine Aufnahmeprüfung mehr, rund 50 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler stammen aus Einwanderer-Familien, wir unterrichten 30 Nationen“, umreißt sie das Leben und Arbeiten am Höchster Gymnasium 2017. „Wir sind stolz und froh, die Kinder zusammenzubringen – das ist heute unsere Aufgabe, sie zu fordern und zu fördern.“ Gemeinsam habe man mit der „Generation Abi 67“ jedoch die Wurzeln in den Naturwissenschaften. Sie zeigten sich im NaWi-Zweig, in verstärktem Unterricht oder Projekten an der Uni Frankfurt. Das Gegengewicht bilde der musikalische Schwerpunkt.
Dann lässt Wolfgang Guthermut die Sektkorken knallen, Jurist Reinhard Preusche lobt im kleinen Zirkel die Schule „als enorm prägend – fürs klare Denken und die Art, wie man Probleme angeht.“ Anwalt Roland Brehm ist „gespannt auf die Englisch-Abi-Arbeit“, die die Jubilare heute entgegennehmen und einsehen dürfen. Schlecht in Erinnerung ist einem der Gäste nur sein Lateinunterricht: „Wer eine Fünf oder Sechs geschrieben hatte, musste zu Beginn jeder Stunde stehen bleiben und durfte sich erst setzen, wenn er das wieder ausgeglichen hatte.“ Doch der Rundgang durch die vertraute Schule oder die Klaviermusik von Joseph Haydn, die Nathan Fischer auf dem Flügel im Foyer präsentierte, lenkten die Gedanken schnell wieder zu den schönen Seiten der Schulzeit. Dass die Verbindung zum „Leibniz“ trotz aller Unterschiede auch nach 50 Jahren herzlich ist, zeigte nicht zuletzt die Spendenkasse, die die Jubilare mit 775 Euro für den Förderverein der Schule füllten.