Gedenkfeier am Höchster Bunker
Leibnizschüler gestalten Gedenken an die Reichspogromnacht am Ettinghausenplatz
80 Jahre, ein ganzes Menschenleben, ist es her, dass die Synagoge in Höchst brannte. Am 9. November gedachten deshalb Höchsterinnen und Höchster gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Leibnizschule der so genannten "Reichspogromnacht", in der in ganz Deutschland jüdische Gebetshäuser zerstört und jüdische Mitbürger angegriffen wurden. Die Leibnizschüler würdigten gemeinsam mit Waltraud Beck von der Höchster "AG Geschichte und Erinnerung" diesen Gedenktag mit einem ganz besonderen Beitrag. Sie stellten den Gästen vor, was sie ein Jahr lang in einem Schulprojekt zu den Schicksalen jüdischer Schüler der Leibnizschule herausgefunden und wie sie dies künstlerisch verarbeitet haben. Es berichtet der Schüler und Projektteilnehmer Behailu Betru.
Es war um den 9. November 1938, als sich organisierte Gewalt gegen Synagogen, jüdische Geschäfte und jüdische Bürger auch in Höchst Bahn brach. Jedes Jahr erinnert eine Gedenkfeier am Ettinghausenplatz - dem Standort der damaligen Synagoge und des heutigen Bunkers - an die schrecklichen Taten. Dieses Jahr jährte sich das Grauen zum 80. Mal. Waltraud Beck enthüllte gemeinsam mit Stadträtin Elke Sautner eine Gedenktafel an der Bunkermauer. Sie erinnert nun neben dem Projektions-Fernrohr an die ehemalige Synagoge und die jüdischen Bürger Höchsts.
Außerdem stellten Leibnizschüler die Ergebnisse ihres Projekts "Nachspüren" vor, das sie anlässlich des 175-jährigen Schuljubiläums erarbeitet haben. Die Jugendlichen erzählten von den ehemaligen jüdischen Schülern, deren Biographien sie mithilfe von Waltraud Beck und Helga Krohn recherchiert haben. Die Lebenswege von Manfred Marx, Berthold Baum, Herbert Holzmann, Theodor Rosenfeld, Lothar Ludwig Salomon und Otto Schiff haben die Jugendlichen anschließend künstlerisch verarbeitet. Einen Teil der Ergebnisse hatten sie auf den Ettinghausenplatz mitgebracht, andere sind im Foyer der Schule zu sehen, dort stehen beispielsweise ein gepackter Koffer mit Habseligkeiten, eine Weltkarte mit gezeichneten Lebenswegen oder Graphic Novels, die auf Bildern wesentliche Lebensstationen nacherzählen.
Dass der Besuch von Zeitzeugen bei der Ausstellungseröffnung im August die Schülerinnen und Schüler besonders berührt hat, war in ihren Berichten während der Gedenkfeier noch zu spüren. Im Sommer war die ungarischen Jüdin und Projektpatin Eva Szepesi, die heute in Frankfurt lebt, zur Eröffnung gekommen. Außerdem war der ehemalige Leibnizschüler Otto Schiff im Alter von 97 Jahren mit seiner Frau eigens aus Kalifornien angereist.Die Mahnung, die die Zeitzeugen in Person darstellen, fasste Petra Scharf, die stellvertretende Vorsitzende der SPD Höchst und Moderatorin des Abends, in die Worte: "Die Geschichte lehrt uns: wir müssen einschreiten, wenn die Unmenschlichkeit Raum greift." Deutliche Kritik äußerte Albert Seelbach, Pfarrer im Ruhestand, in Richtung Politik, indem er mahnte: "Nicht die Migration ist die Mutter aller Probleme, sondern engstirnige Politiker sind die Väter aller Probleme." Umrahmt wurde die Feier von Glockengeläut und Musik des Saxophon-Trios und eines Streicherensembles der Leibnizschule, sowie der berührend von Kosima Shirazi (Geige) vorgetragenen Titelmelodie zum Kinofilm "Schindlers Liste". Das Abschluss-Lied "Hevenu shalom alechem" - zu Deutsch "Wir bringen Frieden für alle" - mag als Wunsch und Auftrag noch lange in Höchst in der Luft liegen.
Einen weiteren Pressebericht - beispielsweise im Frankfurter Wochenblatt - finden Sie hier.